Nachdem an dieser Stelle bereits ausführlich über die Motivation und die Arbeitsweisen von und mit Opencast berichtet wurde, geht es in dem heutigen Beitrag um das Videoportal Tobira, welches zahlreiche Funktionen zur Darstellung und Verwaltung von Videoinhalten bietet.
Opencast wird für das Anlegen und die technische Verwaltung von Videoaufzeichnungen verwendet und die meisten Studierenden und Dozierenden geraten mit dem System nur selten oder gar nicht direkt in Kontakt. Tobira hingegen verfolgt das Ziel, Hochschulen eine benutzerfreundliche und visuell ansprechende Oberfläche für die Interaktion mit Inhalten aus Opencast zur Verfügung zu stellen. Das vom elan e.V. konzeptionierte Videoportal ist direkt für die Anbindung an Opencast als Open-Source-Anwendung entwickelt und kann nahtlos in ein bestehendes System integriert werden. In Tobira können Opencast-Inhalte wie Videos, Serien und Playlisten präsentiert und verwaltet werden (möglich ist unter anderem ein Bearbeiten und Hochladen von Videos und die Erstellung von Serien). Die Darstellung dieser Inhalte erfolgt auf Seiten, die in einer beliebigen Hierarchie angeordnet und mit Text-Bausteinen versehen werden können.
Im Folgenden sollen die Funktionen und Anwendungsweisen von Tobira genauer betrachtet und anhand eines Anwendungsbeispiels erläutert werden.
Den Kern von Tobira bildet die Bereitstellung von Videoinhalten. Hierfür wird der auch in Opencast zugängliche Paella Player verwendet. Dieser bietet unter anderem die Möglichkeit, zwei oder mehrere Videos gleichzeitig abzuspielen, wodurch beispielsweise ein Video der Vortragenden direkt neben einer Ansicht der Vortragsfolien verfolgt werden kann.
Videos können sowohl einzeln als auch gruppiert als Serien oder Playlisten auf individuell erstellbaren Seiten und Unterseiten präsentiert werden, und folgen der in Opencast festgelegten rollenbasierten Zugangsbeschränkung. Diese ermöglicht eine Berechtigungsvergabe von Lese- (Nutzende können die entsprechenden Videoinhalte abrufen) und Schreibrechten (Nutzende können unter anderem bestimmte Metadaten bearbeiten und neue Berechtigungen vergeben) für Einzelpersonen oder ausgewählte Personengruppen. Die Videoseiten enthalten neben dem Video auch ausgewählte, zum Teil konfigurierbare Metadaten und für berechtigte Personen einige Verwaltungsmöglichkeiten.
Weitergehend gibt es einen optionalen Downloadbutton sowie ein "Teilen"-Menü, in welchem neben dem Videolink auch ein Einbettungscode sowie der Link zu einem RSS-Feed zur Verfügung gestellt werden kann. Diese können als Text oder per QR-Code geteilt werden.
Mit der Bereitstellung von Vorlesungsaufzeichnungen und anderen Lerninhalten können Hochschulen die generelle Zugänglichkeit dieser Inhalte erhöhen und ihren Studierenden unter anderem ein nützliches Werkzeug zur Vor- und Nachbereitung bieten. Tobira stellt seinen Nutzenden hierfür auch eine umfassende Suchfunktion zur Verfügung, mit welcher sämtliche Inhalte des Videoportals gefunden werden können. Neben Standardmetadaten werden ein eventuell vorhandenes Videotranskript sowie Folieninhalte durchsucht und für eine schnelle Zuordnung ein Ausschnitt der entsprechenden Textstellen angezeigt. Somit können nicht nur bestimmte Vorlesungen, sondern auch gegebenenfalls auch Querverweise und weiterführenden Informationen über ein Thema schnell gefunden werden. Ein modernes, digitales Lernangebot wie Tobira steigert die Attraktivität der Hochschule für Studieninteressierte und erfüllt die Erwartungen der zunehmend technikaffinen Studierenden.
Ein denkbares Szenario für die Bereitstellung von Videos wäre die manuelle oder automatisierte Erstellung mehrerer Videos einer Vorlesungsreihe wie "Physik I" in Opencast. Eine verknüpfte Tobirainstanz kennt diese Videos als Teil einer Serie, falls diese entsprechend in Opencast angelegt wurde. Autorisierte Personen (Dozierende oder andere Mitarbeitende) können im Videoportal eine Seite erstellen, auf welcher die dazugehörigen Videos angezeigt und von berechtigten Personen (z.B. Kursangehörige) aufgerufen werden können. Auf einer solchen Seite können neben einigen Metadaten auch individuell erstellbare Text- und Titelblöcke sowie andere Video- oder Serienblöcke eingefügt werden.
Die Inhalte müssen nicht zwingend neu erstellt werden, um in Tobira zur Verfügung gestellt zu werden. In der Regel wird Tobira an ein bestehendes Opencastsystem mit bereits existierenden Inhalten angebunden. Für deren Darstellung im Videoportal bietet sich eine Erstellung von Seitenhierarchien an, welche z.B. alle Vorlesungen eines bestimmten Semesters oder Dozierenden enthalten würden, geordnet oder untergeordnet nach Department, Fakultät oder generellem Themenbereich. Das Videoportal eignet sich auch sehr gut für die Bereitstellung von Vortragsaufzeichnungen, die im Rahmen einer Tagung oder Konferenz angelegt wurden.
Dozierende und andere Mitarbeitende mit entsprechender Berechtigung können außerdem eine ihnen persönlich zugeordnete Seite erstellen, welche beliebige Blöcke sowie weitere Unterseiten enthalten kann. Tobira bietet seinen Nutzenden somit verschiedene Möglichkeiten für eine Gestaltung und Anordnung von Lerninhalten.
Nutzenden und Verwaltenden werden verschiedene Verwaltungsmöglichkeiten geboten. Es können direkt über das Portal Videos hochgeladen, Serien erstellt und bestehenden Serien Videos zugewiesen werden. Weitergehend ist es auch möglich, mithilfe von Opencast Studio eigene Aufzeichnungen direkt im Browser zu erstellen. Für die hier genannten Funktionen ist generell ein Login im Videoportal notwendig.
Einige Inhalte und Funktionen benötigen allerdings eine granularere Zugangsbeschränkung durch Berechtigungsrollen. Eine solche "Rolle" ist eine Abbildung bestimmter Berechtigungen, die Nutzenden durch Opencast zugeordnet werden können. Nicht jede Universität möchte den Besuchenden ihres Videoportals die Möglichkeit bereitstellen, ihre eigenen Videos oder Seiten zu erstellen oder zu bearbeiten,
und viele Kursinhalte sollten nur für die jeweiligen Kursangehörigen sichtbar und nicht automatisch für alle eingeloggten Nutzer verfügbar sein. Daher existieren für eben jene Berechtigungen entsprechende Rollen und müssen durch Administrierende zugeordnet werden.
Tobira kann an beliebige Authentifizierungssysteme, z.B. Shibboleth angebunden werden und bietet diverse Anpassungsmöglichkeiten, mit denen das Videoportal verschiedenen Anforderungen von verschiedenen Institutionen folgen kann. Unter anderem sind der Titel (das Portal muss nicht "Tobira" heißen), das Logo und das verwendete Farbschema sowie eine Notiz für Nutzungsbedingungen individuell anpassbar. Eine komplette Liste der Anpassungsmöglichkeiten findet sich unter https://elan-evx.github.io/tobira/setup/config.
Tobira ist als Open-Source-Anwendung frei benutzbar und offen für die Beteiligung und Entwicklungsarbeit dritter Parteien. Das Projekt wurde von Grund auf von Mitarbeitenden des elan e.V. gebaut und bisher wurde und wird die Entwicklung mit wenigen Ausnahmen vollständig von uns durchgeführt. Dies ist vor allem möglich durch die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Hochschulen und der Apereo Foundation, welche sich für die Weiterentwicklung von Open-Source-Software im Hochschulbereich einsetzt. Der elan e.V. bietet für Hochschulen und andere Lehreinrichtungen neben der konstanten Verbesserung, Qualitätssicherung und Entwicklung von neuen Funktionen auch Support für die Installation, Konfiguration und Instandhaltung von Tobira in Verbindung mit Opencast, oder alternativ ein all-in-one Hosting für diese Anwendungen.
In der Zukunft sind noch viele kleinere und einige größere Verbesserungen in Tobira geplant, davon sei hier nur ein kleiner Ausschnitt erwähnt. Unter anderem soll es möglich werden, über den Uploader auch ein Vorschaubild festzulegen und gegebenenfalls auch Untertitelspuren hochzuladen. Ein größeres Update wird in Kürze veröffentlicht und beinhaltet eine verbesserte Serienverwaltung und -erstellung in Tobira. Die gleichen Features (Erstellung, Verwaltung, Videozuordnung) für Playlisten werden folgen.
Ein Großteil der geplanten Erweiterungen lässt sich in unserem GitHub-Repository über den Issue Tracker einsehen. In der Dokumentation finden sich weiterführende Informationen und Anleitungen zur Einrichtung und Konfiguration von Tobira sowie dessen Verknüpfung mit Opencast. Eine Testinstanz für das Videoportal lebt unter https://tobira.opencast.org/, hier können die meisten Funktionen ausprobiert werden.
