Der Entwurf enthält Einzelregelungen für gesetzlich erlaubte Nutzungen für Unterricht, Wissenschaft und Institutionen statt der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehenen allgemeinen Wissenschafts- und Bildungsschranke. Letztere enthalte zwangsläufig unbestimmte Rechtsbegriffe, die erst durch Gerichte ausgelegt werden müssten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine verständlichere Regelungstechnik vorzugswürdig, die klar beantwortet, welche Nutzungen in welchem Umfang gesetzlich erlaubt sind und welche ausschließlich dem Urheber vorbehalten bleiben. Die für die digitale Hochschullehre relevante Regelung befindet sich in §60a UrhG-E mit der Überschrift Unterricht und Lehre. Ergänzt wir diese Regelung durch §60g UrhG-E, welcher das Verhältnis zwischen gesetzlich erlaubten Nutzungen und vertraglichen Nutzungsbefugnissen klarstellt sowie der Vergütungspflicht über eine Verwertungsgesellschaft in §60h UrhG-E.
§60a UrhG-E erlaubt die Vervielfältigung und Distribution von urheberrechtlich geschützten Materialien zu Lehrzwecken in jeder Nutzungsart, also in Seminaren und Vorlesungen als auch in E-Learning- und Distance-Learning-Formaten. Zur Veranschaulichung des Unterrichts zu nicht-kommerziellen Zwecken dürfen 25% eines Werkes in das Intranet der Hochschule eingestellt bzw. im Hörsaal verteilt oder gezeigt werden. Abbildungen, Aufsätze aus Zeitschriften und sonstige Werke geringen Umfangs (Druckwerke 25 Seiten, fünfminütige Film- und Musikausschnitte) dürfen vollständig genutzt werden. Dies gilt auch für vergriffene Werke, wie im Buchhandel nicht mehr erhältliche Bücher.
Wie schon bei §52a UrhG bestehen Ausnahmen, welche Materialien nicht genutzt werden dürfen. Werke die ausschließlich für den Schulunterricht (Schulbuchprivileg) bestimmt sind, sind allerdings nunmehr nur von Nutzungen an Schulen ausgenommen. Auch entfällt die Begrenzung der Nutzung von Filmen. Dafür ist die Nutzung von Noten nunmehr ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Formulierung zur Veranschaulichung des Unterrichts umfasst laut Gesetzesbegründung die Nutzung der Materialien nicht nur während des Unterrichts, sondern auch zur Vor- und Nachbereitung sowie in Prüfungen. Die Materialien dürfen nicht nur an die Lehrenden und Teilnehmer der jeweiligen Lehrveranstaltung, sondern auch an Lehrende und Prüfer der Hochschule, sowie zu Evaluierungszwecken auch an Dritte, distribuiert werden.
§60g UrhG-E statuiert den Vorrang der gesetzlichen Nutzungsbefugnis vor Lizenzverträgen. Lehrende werden hierdurch von der Prüfungspflicht entbunden, ob ein vorrangiges Lizenzangebot zu angemessenen Bedingungen besteht. §60h Abs. 3 UrhG-E sieht eine Pauschalvergütung oder repräsentative Stichprobe der Nutzung für die nutzungsabhängige Berechnung vor. Hier folgt der Gesetzgeber dem BGH (I ZR 84/11), wonach eine Einzelerfassung nur insoweit Vorrang hat, wenn diese nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist. Die Gesetzesbegründung verweist diesbezüglich auf das §52a-Pilotprojekt an der Universität Osnabrück.
Weitere Informationen: http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/UrhWissG.html